Mittwoch, 12. August 2020

🇫🇷 Vous-êtes Belge, Madame?

Es schien zum Wochenbeginn so, dass sich die Covid-19-Lage in Belgien entspannte, aber das schien wohl nur so: Die Maskenpflicht wurde heute auf den gesamten öffentlichen Raum erweitert, nicht nur auf Märkten und Einkaufsstraßen und eben nicht nur dort, wo Menschen eng wohnen. Meist war das schon letzte Woche so, zumindest sobald man nicht mehr allein auf dem Bürgersteig war. In Paris hält man es ähnlich: Viele tragen auch draußen Masken, müssen muss man nur auf vielbesuchten Straßen und Plätzen. In der Metro soll jeder zweite Platz leer bleiben. Ich selber trage Maske und gehe Menschen und Menschengruppen aus dem Weg. Ich versuche weiterhin, mich möglichst draußen aufzuhalten. Im Zug fahre ich 1. Klasse, in Bussen oder in der Metro setze ich mich allein, wenn es geht. Die Maske nervt bei 35 Grad, aber Leute anstecken will ich weder hier, noch zu Hause. Ich bleibe mir bewusst, dass meine Reisen das Risiko erhöhen für mich und meine Umgebung. 

Gestern verließ in Brüssel mit dem Thalys nach Paris. Die Fahrt dauert knapp 1 1/2 Stunden, der Zug fährt auf Abschnitten um 295km/h, da sind die 300 km schnell überwunden. Die Ansagen im Zug sind übrigens durchgängig in vier Sprachen.  Als ich noch in Brüssel lebte, bin ich ab und zu nur für einen Tag mit THALYS oder TGV nach Paris gefahren, um dann um 10 Uhr einen Kaffee auf dem Eiffelturm zu trinken. Es war in Zeiten von gefühlter großer Fremdbestimmung, um wieder „meinen Rhythmus" zu bekommen. Dieses Mal habe ich mehr Zeit, erst am Samstag geht es zurück nach Hause. Ich ging zu Fuß vom Nordbahnhof zum Hotel Le Pigalle. Ein schönes Hotel mit einer sehr netten Crew und schönen, individuellen Zimmern  (https://lepigalle.paris). 

Mein erster Spaziergang führte mich zu den Galeries Lafayette. Ich bummelte durchs klimatisierte Kaufhaus und beim Smalltalk im Aufzug, sagte Madame „Vous-êtes Belge, Madame?“. Ach wie schön, man erkennt mich nicht als Deutsche in Paris. Ich weiß, ich weiß, als Belgierin erkannt zu werden ist bei den Franzosen auch kein wirkliches Kompliment, aber trotzdem schön. Weiter ging es zum „Jardin des Tuileries“, ein ehemaliger barocker Schlosspark aus dem 16. Jahrhundert beim gleichnamigen Schloss neben dem Louvre, das Schloss brannte 1871 beim Aufstand der Pariser Kommune ab. Der Park war immer der Privatgarten der Königinnen und Könige und wurde vielfach umgestaltet. Im Sommer gibt es hier eine Kirmes, wie - normalerweise - in Brüssel in dieser Zeit auch. Ich fuhr wieder mit dem Riesenrad, hier kostet das zwölf Euro, in Brüssel waren es acht. Angesichts von um die 36 Grad, war es keine so gute Idee, sich gegen 15 Uhr in einer Kabine aufzuhalten. Ich war recht froh, als die drei Runden rum waren. Aus den Tuilerien spazierte ich zum „Champ de Mars“ entlang der Seine und dann zum Eiffelturm. Ich hatte ein Ticket für 17 Uhr, gerade als Regen und Gewitter aufzogen. Es gab oben mächtig Wind, das war eigentlich ganz angenehm. Ich fuhr zum ersten Mal komplett mit dem Aufzug, das geht wohl auch gerade gar nicht mehr anders. Früher bin ich den unteren Teil bis zur 2. Etage meist zu Fuß gegangen, das sparte Zeit und für eine Person war im Aufzug nach ganz oben immer Platz. Es war schön von oben auf die Stadt zu schauen und das Gewitter vorbeiziehen zu sehen. Übrigens patrouilliert auch in Paris das Militär mit Gewehr, zumindest an markanten Plätzen, wie am Eiffelturm. Ich fuhr dann mit dem Bus heim und aß später indisch in der Nachbarschaft des Hotels.  Als Fußgängerin muss ich mich noch etwas daran gewöhnen, dass Zebrastreifen hier keine Bedeutung haben. Schön ist, dass auch in Paris viele Radfahrer unterwegs sind und der Autoverkehr deutlich eingeschränkt wird. 

Heute hatte ich schon für 9 Uhr ein Ticket für den Louvre, ich fuhr mit der Metro. Die Pariser Métro wurde ab 1898 unter Leitung von Fulgence Bienvenüe und Edmond Huet erbaut und anlässlich der Weltausstellung 1900, die auch verbunden war mit den  Olympischen Sommerspielen, eröffnet. Die Métro-Linie 1 durchquerte Paris von Ost nach West zwischen vom "Porte de Vincennes" zum "Porte Maillot" um die Zuschauer zu den Olympischen Sommerspielen im Stadion im Stadtwald "Bois de Vincennes" zu befördern. Heute hat die Pariser U-Bahn insgesamt 16 Linien mit insgesamt 219,9 km Streckenlänge. Die Métro befördert täglich über fünf  Millionen Personen. Seit 1998 fahren auch vollautomatische Linien, Linie 14 und Linie 1 (La Denfence- Château des Vinceennes). Die Linie 1 fährt auch zum Louvre und ist echt schnell unterwegs. Das Eintrittsritual im Louvre verlief professionell wie immer, ich hatte auch gleich einen Audioguide gebucht, ein Nintendo mit 3-D-Bildschirm. Anfangs hatte ich Probleme, mich mit dem Ding zu orientieren, aber dann ging es. Für mich waren  etwas wenig Bilder beschrieben, quasi nur die VIPs, aber das wird ja vielleicht noch. Ich ließ mich so etwa zwei Stunden durch das Museum treiben, dann war’s gut. 
Was macht man noch bei um die 34 Grad? Museum mit Klimaanlage hatte ich schon, shoppen in klimatisierten Gebäuden wollte ich nicht, also fuhr ich mit der Metro zum Parc des Buttes-Chaumont. Der ehemals „kahle Berg “ ist seit 1867 ein Landschaftsgarten englischen Stils im nordöstlichen 19. Arrondissement von Paris. Bis zum Mittelalter war die unfruchtbare Anhöhe, die geologisch vergleichbar mit dem Montmatre ist, wenig genutzt. Vom 13. bis ins 18. Jahrhundert befand sich an ihrem westlichen Fuße ein Galgenberg, der „Gibet de Montfaucon“,  der wichtigste Galgen der Könige von Frankreich, hier wurden die exekutiert, die wegen Verbrechen gegen den König und den Staat verurteilt waren. Einfache Kriminelle wurden am nahegelegenen Gibet de Montigny gehängt. Am Steilhang des Buttes-Chaumont standen ab dem 17. Jahrhundert einige Windmühlen, ebenso ab dem 17. Jahrhundert wurden Mergel, Ton und vor allem Gips gewonnen: Erst im Tagebau, ab 1810  auch unter Tage aus großen Kavernen und Stollen in bis zu 61 Metern Tiefe. Der Gips hatte eine hohe Güte und wurde bis nach Amerika exportiert. Die letzten Bergstollen, die Carrières d’Amérique, wurden in den 1870er Jahren zugeschüttet. Es gab hier auch eine Müllkippe und zahlreiche Abdeckereien, es fanden Tierkämpfe, inklusive Stierkämpfen, statt. Das war sicherlich keine schöne Gegend. Die Idee zur Umgestaltung hatten Napoleon III. und sein Stadtplaner Georges-Eugène Baron Haussmann, die 1863 beschlossen, hier einen Landschaftspark mit um die 25 ha errichten zu lassen. Er wurde von Jean-Charles Alphand als öffentlicher Garten geplant - das ist er immer noch. 
Eröffnet wurde der Park zur Weltausstellung 1867. Es ist der Park in Paris mit dem größten Höhenunterschied (mehr als 40 Meter), mit einer Insel, einer Grotte (mit künstlichen Stalaktiten), einer von Gustave Eiffel konstruierten Hängebrücke und einem kleinen Tempel im römischen Stil auf der Aussichtsplattform, also jede Menge schöne Kulisse. Ich spazierte herum und genoss die Bänke im Schatten. Ich kam noch ins Gespräch mit zwei Damen aus der Nachbarschaft, mit denen ich übers Wetter, meine Reisen, Berlin und mein „gutes Französisch“ sprach, ach, ging das runter. Später spazierte ich entlang der Metrolinie 2 bis zum Friedhof Montmartre. Neu war mir der eher indische Teil an der Station „La Chapelle“, in der Nähe gibt es auch einen Hindutempel. Der Friedhof Montmartre wurde in einem ehemaligen Gipssteinbruch angelegt und am 1. Januar 1825 als Cimetière du Nord eröffnet. Der Cimetière de Montmartre ist der älteste der heutigen Pariser Friedhöfe. Er hat Platz für 20.000 Gräber, jährlich werden etwa 500 Beerdigungen vorgenommen. Ich besuchte Dalida, Edgar Degas (aus der Familie De Gas) und freute mich über Schatten und gelegentlichem Wind. Erst später habe ich noch gelesen, dass Heinrich Heine - der aus Düsseldorf mit den Gedichten und Büchern -  und Léon Foucault - der mit dem Pendel - auch dort begraben sind. Zurück im Hotel nahm ich ein lauwarmes Bad, ist doch sehr schön, dass ich ein Zimmer auch mit einer freistehenden Wanne am Bett habe. 


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