Montag, 29. Juni 2020

Wer hat an der ⏰ gedreht?

Nun sind schon fast vier von acht Monaten meines Sabbaticals vorbei, es ist also Halbzeit. Wie ich schon "vor Corona" vermutet habe, so hat die Optimistin in mir natürlich gegenüber der Zweiflerin Recht behalten: Ich habe die richtigen Entscheidungen getroffen - trotz Corona - und ich habe mich nicht allein gefühlt. Ich fühle mich fast immer wohl, wenn ich in Zügen, Bussen, Straßenbahnen oder auf einer Bank sitze und was Neues entdecken kann.
Der Reiturlaub in Andalusien war ein guter Einstieg ins Urlaubsgefühl und gleichzeitig auch in die „Corona-Lage". Die Zeit in Spanien mit den rasant ansteigenden Infektionszahlen und der -damals international- hohen Sterblichkeit hat mir die Gefahr klargemacht, die ich selber anfangs unterschätzt habe. Sicherlich hat das auch mein Reiseverhalten verändert, ich halte mehr Abstand und ich bewege mich bewußter, bleibe länger an einem Ort. Dank der verschiedenen Gruppen „Urlaub gegen Hand" fand ich schon in der Zeit geschlossener Hotels schöne Gelegenheiten für einen Ortswechsel und gleichzeitig auch Kontrolle über meine Kontakte. Ich merke, wie ich mich in den Hotels unsicherer fühle, weil eben viele Leute unaufmerksamen sind bei den Abständen.
Ich habe mich sowohl über die neuen Bekanntschaften, als auch über das Wiedersehen mit Familie und Freunden gefreut. Ich schaue optimistisch auf die kommenden vier Monate und freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung dieser schönen Mischung aus Wiedersehen und Neuem, z.B. im Juli auf Borkum, im August in Brüssel oder bei der geplanten Panoramazug-Tour in der Schweiz im September. Mittwoch geht es erst mal wieder nach Potsdam.

Samstag, 27. Juni 2020

🇦🇹 Vorarlberg

Die letzte Woche habe ich sehr genossen: Sehr schönes Wetter, ein Hotel, das alles hat, was mir gut tut und jeden Abend eine schöne Zeit beim Abendessen mit Freunden, die in Bludenz wohnen.

Zum Val Blue Hotel (https://www.valblu.at/) gehört ein grosses Freibad mit verschiedenen Becken und Liegewiese, das für die Hotelgäste schon um 08:00 Uhr offen war, ab 09:00 Uhr öffnete es dann für alle. Ich weckte mich jeden Morgen mit einer 1000-m-Schwimmeinheit im 50-m-Becken. Wo gibt es das schon, ein 50-m-Becken als „Hotelpool “? Es gibt dann noch eine große, schöne Saunalandschaft mit Naturteich zur Abkühlung am Nachmittag. Im Hotelgebäude ist außerdem ein sehr gut ausgestattetes, „externes “ Fitnessstudio. Ich bekam auf Nachfrage zwei Gutscheine und musste deshalb nicht 10€ pro Training bezahlen, was ich echt teuer fand, in Potsdam zahle ich 40€ im ganzen Monat. Ich trainierte also dort vor allem Ausdauer und den oberen Körper, die Beine wurden bei den Wanderungen genug trainiert.

Am Sonntag (21.06.) fuhr ich mit dem Bus hoch zum Lünersee. Da die Bergbahn renoviert wid, ging es gleich mal 400 Höhenmeter zu Fuss hoch auf rund 1900 Meter. Das dauerte eine gute Stunde und ging teilweise über Schneereste. Einzelne Abschnitte waren mit Seilen für die Sicherung ausgestattet. Der Weg heißt „Böser Tritt", was hoch nur fürs Herz, runter mehr für die Oberschenkel und die Knie gilt. Der Lünersee ist einer der größten See in Vorarlberg  am Fuß der Schesaplana (2965 m) - Grenze Vorarlberg zu Graubünden - der Wasserspiegel liegt bei durchschnittlich 1970 m, der See hat eine Fläche von ca. 112 ha und ist bis zu 139 m tief. In seinem jetzigen Ausbauzustand gibt es den Stausee seit 1959, er wird zur Stromerzeugung im Lünerseewerk - ein Pumpspeicherwerk in Verbindung mit dem Staubecken Latschau - genutzt. Das nutzbare Volumen des Sees würde bei voller Leistung des Lünerseewerks im Turbinenbetrieb knapp 33 Tage reichen. Die natürlichen Zuflüsse des Sees bräuchten jedoch mehr als fünf Jahre, um den See wieder zu füllen, deshalb gibt es Verbindungen zu anderen Speichern und Kraftwerken, um das Speichervolumen in rund 40 Tagen wieder vollkommen aufzufüllen zu können. Oben angekommen umrundete ich den See bei klaren Luft und wunderschönem Bergpanorama. Als ich wieder unten war, wies mich der Busfahrer auf einen Mann hin, der unterhalb der Buswendestelle betrunken rumtaumelte. Ich ging hin, sah ihn torkelnd mit dem Mobiltelefon hantieren. Bis ich bei ihm war, war er über knapp drei Meter rückwärts ins trockene Bachbett gerutscht. Der Busfahrer rief die Rettung, ich kletterte runter. Der Mann war erstaunlich gesprächig, hatte jedoch kaum Köperkontrolle. Offensichtlich hatte er sich nicht wirklich verletzt. Ein Bekannter von ihm, den ich vorher am Berg getroffen hatte, kam dazu und dann plauderten wir munter Polnisch. Der Betrunkene machte mir - immer noch liegend und nicht in der Lage sich selbständig aufzusetzen - eine Liebeserklärung und wollte mich gleich heiraten, weil er doch jemanden sucht, der ihm Halt gibt, damit er nicht so viel trinkt. Ich dankte höflich und sagte ihm sei dann doch selber für sich verantwortlich. Die Rettung kam mit allem, was verfügbar war: Helikopter, Bergretter, Ambulanz. Sie schafften es, ihn auf die Beine zu stellen und aus dem Flussbett zu führen. Ich wusste nicht, dass man mit so starker Rücklage trotzdem noch vorwärts gehen kann. Sie flogen ihn nach Feldkirch ins Krankenhaus. Die Polizei nahm kurz meine Daten auf und dann fuhr der Bus mich fast planmäßig zurück nach Bludenz. Die ganze Aktion hat etwa 40 Minuten gedauert, die reguläre Pause des Busfahrers an der Endhaltestelle. Diese Mal mit etwas mehr Action.

Am Montag nutze ich dann die Gästekarte des Hotels, um mit dem Zug nach Lindau zu fahren. Wirklich schön da, leider ziemlich voll und mit den Abständen hatten es die Leute auch nicht so. Ich spazierte durch die Altstadt und dann weiter nach Bregenz, der Hauptstadt von Vorarlberg mit rund 30.000 Einwohnern. Ich hatte gehofft, dass es einen durchgehenden Uferwanderweg gäbe, das war leider auf weiten Strecken nicht so. Kurz vor Bregenz fand ich dann endlich ein geschütztes Plätzchen für mein erstes Bad im Bodensee. Ich spazierte noch durch die Unter- und die Oberstadt von Bregenz und fuhr mit dem Zug wieder zurück.

Am Dienstag wanderte vom Hotel aus in die Bürser Schlucht (insgesamt ca. 12 km, knapp 3 Stunden). Ein von Gletschereis und Schmelzwasser geformtes, steiles Tal mit Felsüberhängen und
Quellen, das der Alvier-Bach in den letzten 10.000 Jahren geformt hat. Man bekommt Einblicke in die jüngere Erdgeschichte und der fast urwaldähnliche Baumbestand ist sehr eindrucksvoll. Der Weg führt teilweise über Hängebrücken hoch ins Tal, am Ende geht es echt steil hoch. Auf dem Rückweg kam ich noch am „Kuhloch“ vorbei, das ebenfalls der Alvier-Bach geschaffen hat, als er noch einen anderen Verlauf hatte. Ich fand auch bei dieser Tour ein abgeschiedenes Plätzchen für ein ziemlich kaltes Bad im Bach.


Am Mittwoch fuhren wir mit dem Auto über die Silvretta-Hochalpenstrasse bis zur Bielerhöhe und umrundeten den Silvretta-Stausee in rund zwei Stunden. Eine wunderschöne Tour, wenn man Bergstraßen mit engen Kurven mag und ein tolles Alpenpanorama mit Piz Buin, wenn man oben angekommen ist. Der Silvretta-Stausee  liegt auf 2030 m in einer Senke der Silvretta, der östliche Staudamm ist auch die Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol, die nächsten bekannteren Orte in Tirol sind Galtür und Ischgl. Der Silvretta-Stausee ist der höchstgelegene Stausee der Illwerke. Er wurde ab 1938 - auch unter Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern - erbaut, der erste Teilstau erfolgte 1943, der erste Vollstau 1951.

Am Donnerstag habe ich mich dann an die Besteigung des "Hausbergs" von Bludenz, dem Hohen Fraßen, gemacht. Den ersten Teil von 679 m auf rund 1400 m habe ich mit der Seilbahn erledigt, dann ging es weiter hoch zur Fraßenhütte auf 1725m und nach einer Pause mit Topfenstrudel  und Aussicht weiter zum Gipfelkreuz auf 1979 m. Es war steil, es war sonnig, es war warm und am Ende war ich sehr zufrieden, dass ich bis oben gegangen bin. Für den Abstieg galt dasselbe wie am Lünersee: Er forderte etwas  Koordination und Balance, aber vor allem die Oberschenkel und die Knie.

Am Freitag nutzte im wieder die Gästekarte und fuhr mit dem Zug nach Feldkirch. Die Stadt hat um die 34.000 Einwohner ist u.a. Sitz des Landesgerichts, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer Vorarlberg, des größten Landeskrankenhauses Vorarlbergs und seit der Gründung der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg 2007 ist sie auch Hochschulstadt. Ich stieg hoch auf die Schattenburg, die um 1200 erbaut wurde, leider war das Museum zu, so spazierte ich noch etwas durch die Altstadt. Am 1. Oktober 1943 war Feldkirch Ziel eines alliierten Luftangriffes, die einzige größere Kampfhandlung während des Zweiten Weltkriegs im Raum Vorarlberg.

Heute war ich natürlich schon schwimmen und werde gleich in die Sauna gehen, einfach mal faul sein. Morgen geht’s weiter nach Innsbruck und am Mittwoch zurück nach Potsdam.

Freitag, 19. Juni 2020

Besuch in der Oberpfalz

Der Zug brachte mich am letzten Sonntag nach Amberg, von dort ging es noch ein paar Kilometer weiter zu meinen neuen Gastgebern für „Urlaub gegen Hand". Dieses Mal gab es ein paar alltägliche Aufgaben im und ums Haus.

Die Umgebung ist schön, um draußen zu sein. Ich rannte etwas auf einer alten Bahnstrecke, machte einen Ausflug nach Amberg, einen weiteren nach Sulzberg-Rosenberg. Leider war das Wetter an manchen Tagen nicht so einladend, dann blieb ich drin und genoss den Blick in den Garten. Mich erwischte unglücklicherweise mal wieder eine Zecke und die Bissstelle schwoll so an, so daß ich auch das Krankenhaus von Sulzbach-Rosenberg kennenlernen durfte. War alles fix erledigt, die Leute nett und humorvoll. Es gab einen Salbenverband, aber erst mal kein Antibiotikum. Ich hoffe, es bleibt so und es stellen sich keine Borreliose-Symptome ein, gegen FSME hatte ich mich vor dem Sabbatical impfen lassen.

Ich wanderte am Freitag von Sulzbach-Rosenberg zurück „nach Hause", gut 16 km in knapp 4 Stunden. Es schien fast den ganzen Tag die Sonne, erst nachdem ich wieder zurück war begann es etwas zu regnen.

Ich hatte so gar kein Bild von der Gegend, als ich mich für die Oberpfalz als Ziel entschied. Die Bilder kamen dann, als ich hier ankam: Maxhütte, Schwandorf, Wackersdorf. Die Maxhütte, benannt nach dem bayerischen König Maximilian II. Joseph, war ein traditionsreiches Stahlwerk in Sulzbach-Rosenberg mit bis zu 900 Beschäftigten. Es wurde 2002 endgültig geschlossen, nachdem es schon 1987 und 1998 Konkurse gab, verbunden mit vielen Entlassungen. Ganz in der Nähe von Amberg liegen auch Schwandorf und Wackersdorf. Wackersdorf ist den meisten von euch sicherlich weniger wegen seiner Braunkohlevorkommen, die zwischen 1840 und 1982 abgebaut wurden bekannt sondern wegen der geplanten, staatlich finanzierten, Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) Wackersdorf. Sie sollte die zentrale WAA für abgebrannte Brennstäbe aus den deutschen Kernreaktoren werden. Damit das Zeug nicht weiter nach Le Havre oder Sellafield geschickt werden sollte. Die geplanten WAA-Standorte in Rheinland-Pfalz (Hambuch, Illerich), Hessen (Frankenberg-Wangershausen) und Niedersachsen (Gorleben/ Dragahn) waren zuvor gescheitert. Da die Arbeitslosenquote in Wackersdorf nach dem Ende des Abbaus im Oberpfälzer Braunkohlerevier 1982 auf über 20 Prozent gestiegen war, hoffte die bayerische Staatsregierung, einen möglichen Widerstand mit dem Arbeitsplatzargument kontern zu können. Das ging ziemlich schief. Zwar begannen die Bauarbeiten - trotz des regionalen Widerstands seit 1981 - im Jahr 1985, nach massiven Protesten wurden die Bauarbeiten jedoch im Jahr 1989 eingestellt. Heute ist dort ein Gewerbegebiet, in dem sich u.a. Siemens niedergelassen hat. Übrigens war Wackersdorf in den 1970ern Jahren, bedingt durch den Kohleabbau, eine der reichsten Gemeinden Bayerns.
Morgen geht’s weiter nach Bludenz in Vorarlberg in Österreich 🇦🇹

Samstag, 13. Juni 2020

Wanderungen und Kultur


Der Spaß daran etwas zu entdecken und zu unternehmen ist wieder da. Morgen geht es für mich zuerst in die Oberpfalz und dann weiter nach Österreich. In der Oberpfalz und auch während eines Teils des Österreichurlaubs werde ich wieder „Urlaub gegen Hand" machen. Ich freue mich auf die neuen Erfahrungen. Der Rucksack ist wieder gepackt. 

Am letzten Samstag waren wir mal wieder in Berlin unterwegs. Am Sonntag wanderten wir vom S-Bahnhof Hermsdorf durchs Tegeler Fließ über Lübars und Blankenfelde nach Buchholz. Der Ort, der inzwischen Französisch Buchholz heißt wurde im 13. Jahrhundert besiedelt, Ende des 17. Jahrhunderts ließen sich zahlreiche Hugenottenfamilien, Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, nieder. Am Kiosk parkten zwei Pferde, die Reiterinnen gingen nach dem Ausritt kurz einkaufen. Am Mittwoch wanderten wir dann von Hennigsdorf nach Tegel durch den Tegeler Forst. Es gibt dieses Jahr überall viele, schöne rote Mohnblumen, es ist wohl ein besonderes "Mohnblumenjahr", lernte ich neulich.
Am Donnerstag war ich in Berlin endlich wieder im Alten Museum und in den Alten Nationalgalerie, die anderen Museum sind noch zu. So konnte ich meine Jahreskarte doch noch einmal nutzen. Ich ging morgens und es ließ sich gut wandeln in den beiden Museen.
Am Freitag fand ich zufällig auch noch ein Onlineticket für die Monet-Ausstellung im Museum Barberini. Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben die Ausstellung noch besuchen zu können. Die Warteschlange war kurz und im Museum war auch genügend Platz, um die Bilder zu betrachten. Die Ausstellung ist es wirklich wert, gesehen zu werden, denn die ausgewählten Bilder geben einen guten Überblick über das Wert von Monet, lebendiges Farbenspiel auch der Seerosen, aber auch viele, schöne Landschaften. Als ich raus kam, standen dann wieder über 20 Leute an. Ich hatte echt Glück. Ein paar Einkäufe vor der nächsten Tour erledigte ich noch am Freitag. Das Bummeln ist noch nicht wirklich entspannt, aber am Freitagmorgen war es ok in den Läden.
Am Samstag waren wir im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit in Schöneweide. Die Ausstellung ist sehr informativ und ist anschaulich gemacht zu den Schicksalen der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter während des Nationalsozialismus,  die Dauerausstellung zeigt den Alltag der zur Arbeit verschleppten Männer, Frauen und Kinder - im Lager, bei der Arbeit und im Kontakt mit Deutschen. Unter den Zwangsarbeitern in Berlin war auch François Cavanna, einer der Gründer von „Charlie Hebdo“. Eine andere Ausstellung erzählt die Geschichte der italienischen Militärinternierten, von der deutsch-italienischen Bündnispartnerschaft bis zur Internierung ab 1943. Die einzelnen Kapitel widmen sich Gefangennahme, Transport, Zwangsarbeit, Kriegsende und Erinnerung. 





Freitag, 5. Juni 2020

Wie geht‘s denn so?

Die Corona-Pandemie ist für uns alle auch weiterhin ein Thema, auch wenn ich das Infektionsrisiko für mich persönlich weiterhin gering einschätze, so lange ich Abstand halte und Menschengruppen meide. Ich bin viel draußen und halte mich von Menschen ohne Maske fern. Im praktischen Leben wird langsam wieder mehr möglich, auch wenn ich mich noch nicht so richtig entschließen kann, wieder ins Fitnessstudio zu gehen. Ich laufe weiter lieber draußen rum und turne morgens auf der Terrasse. Ich stelle mich darauf ein, noch sehr lange Maske zu tragen oder zumindest eine in der Tasche zu haben.
Die letzte Woche war recht ruhig, da ich ein paar Arzttermine hatte - der Tinnitus nervt weiterhin - und es damit Fixpunkte im Tagesablauf gab. Manchmal merkte ich, wie es mich irritierte, mal fast nix zu tun, die innere Stimme, die trieb, jetzt doch mal was zu unternehmen und dann wurde sie auch wieder ruhig, denn die Ruhe hilft mir vielleicht auch gegen das lästige Piepen im Ohr.  Am Dienstag nach Pfingsten stand unsere erste Dampferfahrt des Jahres an. Wir umrundeten mit der „Weißen Flotte" in vier Stunden die Insel Potsdam über Caputh, Werder, den Sacrow-Paretz-Kanal, den Jungfernsee, die Glienicker Brücke und Babelsberg. Es war sonnig und manchmal etwas zu wenig Wind, um es an Deck sehr angenehm zu haben. Am Mittag wurde es echt warm an Deck.
Am Mittwoch war ich das erste Mal in diesem Jahr im See, so spät war ich hier noch nie Anbaden und es ist immer noch echt kalt! Ich war morgens ab kurz nach neun im Waldbad am Templiner See und genoss den Morgen im Strandkorb. Man muss online-tickets für 4 Stunden kaufen, dann wird eine Stunde zu gemacht und ab 14:00 Uhr beginnt dann die „Nachmittagsschicht“.

Die deutsche Regierung hat jetzt viele Maßnahmen beschlossen, die negativen  wirtschaftlichen Folgen der Pandemie schnell zu bremsen und entstandene Nachteile zu überwinden, also Mehrwertsteuer bis zum Ende des Jahres 2020 runter, einmalig 300 € Kinderbonus, Investitionen in Klimaschutz, mehr Geld für Bildung und Forschung und mehr Vorsorge für zukünftige Pandemien im Land. Und große Freude: Es gibt keine Abwrackprämie zum Wohle der deutschen Autoindustrie! Ich finde mich ja gerade selber komisch, aber ich finde das Paket gelungen, zum Glück bin ich nicht allein: Die Grünen und die taz findet auch vieles gut.

Da ich in der glücklichen Lage bin, bisher weder (bewusst) krank gewesen zu sein, noch irgendwie finanzielle Nachteile zu haben, gingen mir in den letzten Wochen oft auch andere Fragen durch den Kopf: Was würde ich mir wünschen, das nachher besser ist.

Hier mal meine Top 3
1. Verbesserung der Arbeits-und Lebensbedingungen in den schlecht bezahlten Branchen, nicht nur bei DHL, HERMES etc.,  sondern auch dort, wo Menschen aus Mittel- und Osteuropa in Schlachtbetrieben und bei der Erdbeer-, Spargel- oder Gurkenernte die Arbeit erledigen, oft kaserniert und um den rechtmäßigen Lohn betrogen. Wie schön wäre es, wenn endlich das superbillig-Fleisch aus den Läden verschwände - wir essen sowieso zu viel Fleisch und Wurst.  Wie schön wäre es, wenn PaketsortiererInnen und -ausfahrerInnen weniger Stress hätten und wir als Kunden nicht alles billig und vor allem schon morgen haben müssten, um es dann doch wieder zurückzuschicken. Die Retourenquote liegt übrigens im Schnitt irgendwo bei 10%, aber bei bis zu 40% bei Modeartikeln.
2. Gesundheitsversorgung als Daseinsvorsorge und nicht als rein betriebswirtschaftliche
Angelegenheit. Wir hatten in Potsdam ein abschreckendes Beispiel für Missmanagement: Das städtische Ernst-von-Bergmann Krankenhaus galt seit Jahren als schlecht geführt und jetzt musste es über Wochen geschlossen werden, weil man bestätigte COVID19 Fälle nicht rechtzeitig gemeldet hat, nicht die richtigen Schutzmaßnahmen ergriffen hat und dann - neben den eigenen Beschäftigten- viele ältere PatientInnen im März erst in der Geriatrischen Abteilung im Krankenhaus mit dem Corona-Virus infiziert wurden und danach damit oder daran starben. Der schlechte Ruf des Ernst-von-Bergmann Krankenhauses schlug auf das Ansehen und schnell auch auf die Motivation der Beschäftigten durch, gerade im Pflegebereich. Nun hat man die Geschäftsführung und den ärztlichen Direktor entlassen und endlich entschieden wieder Tariflohn zu zahlen. Gleich wird gejammert, was das wieder alles kostet und es fällt auf, in wie viele Tochterunternehmen das Krankenhaus im Zuge der Umstrukturierungen der letzten Jahre aufgeteilt worden ist. Nun stehen weiterhin erst mal 800 Beschäftigte, z.B. in der Poliklinik oder in der Küche beim Tarifvertrag weiterhin außen vor.  Geht’s noch? Unfassbar!
3. Digitalisierung der Arbeit und in unseren Schulen, mehr Fort- und Weiterbildung der
Beschäftigten (auch der LehrerInnen) und „Null-Toleranz “ gegenüber Verweigerungshaltungen, gerade an Schulen und in den Hochschulen. Es gibt nämlich nicht nur Leute in Ministerien, Schulämtern und LehrerInnen, die keine Ahnung von digitaler Arbeit und Bildung haben und das auch nicht (mehr) ändern wollen, sondern auch „faule Professorensäcke“ an Unis. Nicht, dass das früher alles besser war, aber richtig war es auch früher nicht. An den Schulen geht es natürlich auch um die technische Ausstattung der Schülerinnen und Schüler, um Bildungschancen nicht weiterhin vom Geldbeutel der Eltern abhängig zu machen. Es gibt Länder da bekommen SchülerInnen einfach ein Tablet, in Deutschland verhaken wir uns in Regelwerken und bei der Frage, was wohl alles passieren kann und was passiert, wenn was passiert.